Grundlagen:
Als Tomografie bezeichnet man ein Verfahren mit dem aus mehreren ein-dimensionalen
Projektionen ein zwei-dimensionales Abbild eines Objekts erstellen. Bekannt
ist es den Meisten aus der CT, der "Computer Tomografie" im
medizinischen Bereich. Hier werden mittels Röntgenstrahlen Projektionen
des Körperinneren erstellt und zu einem Schnittbild kombiniert. Werden
mehrere Schnittbilder gemacht kann dann eine 3-D Ansicht des Körperinnern
erstellt werden.
Aber weder ist das Tomografie-Verfahren auf Röntgenstrahlen noch
auf den medizintechnischen Bereich beschränkt.
Statt mit Röntgenstrahlung können auch Ultraschall, Mikrowellen,
elektrische Felder und viele anderen Effekte zur Gewinnnung der Projektionen
verwendet werden.
Außer in der Medizin wird Tomografie z.B. in der Materialprüfung
verwendet. Auch die Geophysiker benützen Tomografie um mittels Infraschall
Kenntnisse des Erdinneren zu gewinnen und Tomografie mit Licht wird verwendet
um Wirbel und Strömungen im Windkanal zu erfassen.
Die Tomografie beruht auf den Funktionen der Radomtransformation,
d.h. die Projektionen sind die Radomtransformation der abgetasteten Fläche.
Um die ursprüngliche Fläche wieder zuerhalten muss eine Rücktransformation
stattfinden.
Dafür werden im wesentlichen drei Verfahren verwendet.
1. Projection Slice Theorem
die Fourier transformierten Projektionen werden von
polar- in kartesische Koordinaten transformiert. Die Rücktransformation
ergibt das gewünschte Flächenbild
2. filtered Backprojection
Die Projektionen werden gefiltert, von polar- in kartesische
Koordinaten transformiert und aufaddiert
3. Algebraic Backprojection
Durch ein Gleichungssystem wird ein angenommes Bild
immer weiter verbessert bis dessen Projektionen den gemessenen entsprechen
Von den drei Verfahren ist Nummer
2 am einfachsten zu implementieren, braucht am wenigsten Rechenzeit und
wird auch in den meisten CT-Scannern verwendet. Tatsächlich ist es
nicht allzu schwer die entsprechenden Operationen in einem Delphi-Programm
zu implementieren. Bevor man die Röntgenröhre anheizt ist es sinnvoll
die Programme zu erstellen und mit simulierten Messwerten zu testen.
Zum Testen von Tomografie-Algorithmen wird oft das unten
links gezeigte Shepp-Logab Phantom verwendet,
Dieses Bild wird in ein Array eingelesen
und abgetastet, d.h. entlang einer Reihe von Linien die gefundenen
Grauwerte aufaddiert und in einem eindimensionalen Array gespeichert.
Dann werden die Abtastlinien um einen kleinen Winkel z.B. 3,6°
gedreht und ein weiters Array erstellt. Nach, in unserem Fall,
100 Abtastungen wurde das Bild von allen Seiten durchleuchtet
und man hat 100 Arrays mit dem entsprechenden Projektionen.
Werden diese Projektion als Bild dargestellt, die Y-Achse ist
der Drehwinkel, erhält man ein sogenanntes Sinogramm, die
bildliche Darstellung der Radomtransformation des ursprünglichen
Bildes.
Das durch die Abtastung des Testbildes erhaltene Sinogramm entspricht
den Daten die man durch wirkliche Röntgenprojektionen eines
Testobjekts erhalten würde. Zur Rücktransformation
könnte man einfach die Daten in ein 2-dimensionales Array
unter Berücksichtung des Drehwinkels aufaddieren. Allerdings
würde man so nur ein unscharfes Bild ohne Details erhalten.
Hier kommt nun die Filterung zum Einsatz >filtered<
Backprojection,jede Zeile des Sinogramms, d.h. jede Winkelprojektion
wird vor der Rückprojektion einer Art Hochpass Filterung unterworfen.
Um die Wahl der Filterkoefizienten zu vereinfachen wird die Filterung
im Frequenzraum unternommen. Die Daten werden einer FFT unterworfen,
mit den Filterwerten multipliziert und dann zurück transformiert.
Für die Filterung wurde ein sinusförmiger
Kernel verwendet, der tiefe Frequenzen stärker schwächt
als hohe. Hier gibt es ein weites Experimentierfeld einen guten Filter
zu entwickel, die Qualität des Endbilds hängt weitgehend
von dieser Filterung ab. Zum Schluss muss der Graustufenbereich des
Bildes angepasst werden.
Ein Vergleich des Originalbildes mit dem rekonstruiertem Bild zeigt
ganz brauchbare Ergebnisse trotz der relativ einfachen Programmierung.
Der Verfasser erstellte die Programme mittels der Programmierumgebung
Delphi.
Wer die eigene Programmierung scheut kann auch fertige und z.Teil
kostenlose Programme einsetzen. Empfohlen sei das kostenfreie Programm>NRECON< von Skyscan. Auch für MatLab gibt es einige
Tomografie-Module.
Allerdings fällt dann der Lerneffekt und Spassfaktor der eigenen
Programmierung weg.
Genug der Simulation, nun möchte man
auch in der realen Welt tomografische Experimente unternehmen. Zur
Anwendung kommt Tomografie mit Röntgenstrahlen. Als Generator
dient der >>Röntgenkoffer<<.
Da der Röntgenkoffer eine Betriebsspannung von nur 30kV hat ist
man in der Wahl der durchstrahlten Gegenstände etwas eingeschränkt,
jedoch hat man den Vorteil die, nicht ungefährliche, Strahlung
mit Bleifolie leicht abschirmen zu können. Walzblei mit 1mm Dicke
absorbiert die Strahlung vollkommen.
Als Detektor dient eine Verstärkerfolie aus einer Röntgenkassette.
Die Verstärkerfolie wird auf eine Scheibe Röntgenschutzglas
geklebt und mit schwarzem Papier abgedeckt. So wird sichergestellt
dass weder Röntgenstrahlen noch Licht von der Röntgenröhre
die Kamera erreichen kann. Das Bild wird mit der digitalen Kamera
(Nikon D90) aufgenommen.
Um den Aufbau zu vereinfachen wird nicht die Quelle und der Detektor
um das Objekt gedreht sondern das Objekt sitzt auf einem Drehtisch
der mit einem Schrittmotor um definierte Winkel verstellt werden kann.
Der Schrittmotor wird vom >Steppertreiber<
des Messystems gesteuert gesteuert. Es werden 100 Schritte für
eine vollständige Drehung von 360° gemacht. Nach jedem Schritt
wird die Kamera ausgelöst und so 100 Aufnahmen unter verschiedenen
Winkeln aufgenommen. Da die Strahlungsintensität klein ist wird
mit einer Belichtungszeit von einer Sekunde bei einer Blende von 1:1,4
mit 3200ASA gearbeitet.
Als erstes Objekt ist es sinnvoll ein genau
definiertes Phantom abzubilden, so können Fehler des Rekonstruktionsalgorithmus
erkannt und beseitigt werden. Hier wurde ein Phantom aus Plexigalszylindern,
Plexigalwinkel, einer Kuststoff und einer Metallschraube verwendet.
Zwei Unterschiede zur Simulation sind zu berücksichtigen.
Erstens muss die Drehachse des Objekts genau in der Mitte des des
Kamerabildes und die Hochachse des Bildes muss parallel zur Drehachse
sein. Beim praktischem Aufbau ist das nicht immer gewährleistet,
das kann aber in der Software durch Verschieben und Kippen des Bildes
ausgeglichen werden.
Zweitens bilden die Röntgenstrahlen je nach Abstand der Röntgenröhre
kein paralleles Bündel sondern einen mehr oder weniger aufgefächerten
Konus. Auch das kann bei der Rückprojektion durch die Software
ausgeglichen werden.
Eines der
100 Röntgenbilder des Objekts
Tomografieschnitt an der
Stelle der roten Linie
Nachdem
mit der Kamera nicht nur eine Line sondern ein ganzes Bild pro
Winkel aufgenommen wird hat man nach der Verarbeitung mit dem
Tomografieprogramm nicht nur einen zweidimensionalen Schnitt
des Objekts sondern einen ganzen 3-D Datensatz. Mit einem weiteren
Delphi Programm können beliebige Schnitte durch das Objekt
und Filme von aufeinanderfolgenden Schnitte erstellt werden
wie der Flashfilm obenh rechts zeigt
Hat man alle Parameter gefunden und richtig eingestellt
kann man sich an schwierigere Objekte wagen. Fündig wird man
im Supermarkt
Z.B. eine Dorade von der Fischtheke
Paprika vom Gemüsestand
Hühnerschenkel aus der Tiefkühltruhe
Hanuta aus der
Süsswarenabteilung
Rustikalere Experimentatoren können
auch andere Objekte wählen. In Futtermittelhandlungen kann man von
Eintagsküken über Mäuse bis zu Hasen alle möglichen
gefrorenen Tierkadaver kaufen (z.B. von Frostfutter
), die man, bevor man sie an die Katze verfüttert, tomografieren kann.
Wichtig ist, dass das Untersuchungsobjekt dünn genug ist von allen
Richtungen durchstrahlt werden zu können. Der obige Hühnerschenkel
ist da schon grenzwertig.
Natürlich kann man auch
technische Objekte tomografieren, wie z.B. eine Elektronenröhre.
Zwar kann die niederenergetische 30 keV Strahlung das Anodenblech
nicht durchdringen. Aber man sieht doch die recht gute Auflösung
der Rekonstruktion bei der sogar die dünnen Heizdrähte und
die beiden Spiralfedern der Aufhängung sichtbar werden.
Dazu muss noch gesagt werden dass die Rohbilder mit circa 2000 x 2000
Pixel Auflösung auf 512x512 Pixel reduziert wurden und die Anzahl
der horizontalen Schnitte wurde auf 256 begrenzt wurde um die Rechenzeit
zu verringern.
Auch für den >Röhrensammler<
ist es von Vorteil den inneren Aufbau einer Röhre zu sehen, das
optisch wegen Getter- oder Grafitschichten und äußeren
Belägen nicht zu sehen ist. Zwar kann die niederenergetische
30 KeV Strahlung das Anodenblech nicht durchdringen, aber trotzdem
erhält man wichtige Hinweise zum Aufbau und möglicherweise
Funktion einer Röhre deren Beschriftung nicht mehr lesbar ist.
Röhre mit Außenmetallisierung
Röhre mit Grafitbelag
Röhre mit Getterbelag
Röhre mit Grafitanode
.Auf der Homepage
von Skyscan gibt es auch ein Programm>CTVox<
zur Visualisierung von Tomografieaufnahmen. Damit lassen sich auch
eigene Messdaten verarbeiten.
Die Daten sollen im BMP,JPG oder TIFF Format als fortlaufend numerierten
Dateien vorliegen, ein Bild für jede Schichtaufnahme. Das Progamm
kann Bilder von Objekten mit gerenderter Oberfläche oder mit
Durchsicht generieren. Die beiden Flashfilme vom Fisch, links, sind
mit diesem Programm erzeugt. Einmal mit Oberflächenrendering
und einmal ohne. Es ist sogar möglich 3D-Filme zum Betrachten
mit einer Rot/Grün-Brille zu erstellen
Auch der schon bei
den >76
GHzExperimenten< verwendete Spielzeugrevolver wurde
aufgenommen und aus den Schichtbildern ein Flashfilm erstellt